Sagenhafte Hohlwege

Die Dämmerung setzt ein und im langsam schwindenden Licht erscheint der alte Hohlweg wie der Eingag zu einer Höhle. Dunkel und unheimlich, im herbstlichen Abendlicht, gesäumt von hohen Bäumen, deren bunte Blätter über meinem Kopf im aufkommenden Wind rauschen. Der Schrei einer Saatkrähe und das vereinzelte Knacken und Rascheln neben mir geben mir das Gefühl von unzähligen Augen, im Schutz der wuchtigen Baumwurzeln oder unter Moos und Farnen versteckt, beobachtet zu werden.

Wie mag es wohl in alten Zeiten gewesen sein, als es nur die Hohlwege gab, um mit Ochsen- und Pferdefuhrwerken oder zu Fuß unterwegs zu sein. In Zeiten plündernder Wegelagerer, die in den alten Hohlwegen ihr Unwesen trieben. Und waren es nicht die allzu menschlichen Plünderer, so gab es ja noch die vielen Sagengestalten, die im Stiftland allgegenwärtig waren und mancherorts auch noch sind. 

Irrlichter, die den einsamen Wanderer in die Irre führen und dann bis ins Unglück stürzen, unheimliche Sagengestalten, die für Furcht und Schrecken sorgen und nicht zuletzt der Teufel mit seinem Gefolge, der nur den sicheren Tod bedeuten kann. Wenn dann auch noch in den Rauhnächten die wilde Jagd durch den Hohlweg braust, lässt es manchem nächtlichen Wanderer vor Schreck erstarren oder aus Furcht ums eigene Leben laufen.

Hulwech [hulwech] heißen diese, von unzähligen schwer beladenen Fuhrwerken ausgefahrene und immer weiter ins Erdreich eingegraben Wege, bei uns im Stiftland. Starke Regengüsse und Sturzbäche ließen die Wege noch zusätzlich versinken. Erdkeller, in die Seitenwände gegraben, dienten hier im schattigen Erdreich zum Einlagern von Kartoffeln und Rüben. Heute, fast überall unbenutzt, gewähren sie vielen Tierarten Unterschlupf und so ist es nicht verwunderlich, wenn hier in der Abenddämmerung die Fledermäuse auf Beutezug gehen. Fledermäusen bin ich nicht begegnet und doch beschleunige ich meinen Schritt, um schnell wieder aufs offene Feld zu gelangen. Man kann ja nie wissen, wer gerade im Hohlweg sein Unwesen treibt...