Die heiligen Leiber

Schaurig und unheimlich waren sie von jeher für mich, die Besuche in der großen Stiftsbasilika in Waldsassen. Denn, sobald der Blick von der lichtdurchfluteten Weite des barocken Kirschenschiffs und seinen hellen, prächtigen Fresken und aufwendigen Stuckarbeiten an Decken und Wänden auf die Nebenaltäre fällt, sieht man sich unweigerlich mit der eigenen Vergänglichkeit konfrontiert - den heiligen Leibern. 

Sie muten auf den ersten Blick seltsam und befremdlich an, die Gebeine der Märtyrer, in ihren prunkvollen gläsernen Sarkophagen und stehen dadurch auch im krassen Gegensatz zu den lebensgroßen Stuckfiguren unzähliger Putti, großer Heiliger und bedeutender Kirchenmänner an den Wänden der Basilika.



Der Barock präsentiert den Gläubigen dieser Zeit seine Märtyrer in aller Pracht. Goldverzierte gläserne Ruhestätten, auf das Feinste ausgestattet mit Samt und Seide, die Leiber selbst in kunstvoll filigrane Klosterarbeiten gehüllt im Stil barocker Kleidung, verkünden damit den Reichtum des ewigen Lebens. Versehen mit teilweise sehr weltlichen Attributen werden sie nun schon seit dem 18. Jahrhundert als Schutzpatrone verehrt. Die Gebeine der Märtyrer, darunter auch die einer Frau, wurden um ca. 1700 von den Katakomben in Rom einzeln nach Waldsassen überstellt und dort nach Fertigstellung der feinen Klosterarbeiten des Fraters Eder in der Basilika aufgebahrt. Während andere Kirchen und Klöster sich bereits über eine noch so kleine Reliquie eines Märtyrers oder Heiligen glücklich schätzten, waren es in Waldsassen gleich zehn vollständige Gebeine, wiederum ein Zeichen für die Bedeutung und den damaligen Reichtum der Abtei Waldsassen.

Gerade im letzten Jahr wurde man sich der heiligen Leiber als Schutzpatrone Waldsassens wieder ganz besonders bewusst.



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